Restauration einer Hercules 313 Bj ´54

In der Ausgabe eines Lokalanzeigers entdeckte ich am 08.08.98 eine Anzeige, in der eine alte 3-Zylinder Kawasaki angeboten wurde. Daraufhin vereinbarte ich noch für den gleichen Tag einen Termin  und machte mich auf den Weg nach Ortenhofen bei Dachau, um das Fahrzeug zu begutachten. In der Garage des Verkäufers entdeckte ich noch einige andere Schmuckstücke, darunter eine alte Hercules 313.  Die Optik hat mich sofort angesprochen und nach einigem hin und her waren wir uns dann auch schnell handelseinig. Am nächsten Tag konnte ich mein neues Motorrad abholen und nach Fürstenfeldbruck bringen. 

 

 

                   

 

Auf den ersten Blick war es in einem guten Zustand und der Motor sprang nach mehrmaligem Kicken auch an.  Ich reinigte die Maschine und stellte dabei fest, dass die Farbe nicht mehr dem Original entsprach und sich an den Schutzblechen unter dem Dreck der Rost zu schaffen machte. Ich entschied mich das Motorrad komplett zu restaurieren. Damals ahnte ich noch nicht, wie viel Zeit diese Arbeit verschlingen würde. An einem sonnigen Wochenende begann ich die 313 komplett zu zerlegen und zu reinigen. Anhand der original Ersatzteillisten und Bilder prüfte ich alle Teile auf ihre Ursprünglichkeit und Vollständigkeit. Dabei stellte ich fest, dass bis auf den Auspuff, Rücklicht und der Seitenständer alles noch komplett und „original“ war. Beim Zerlegen der Federelemente zeigte sich leider, dass ein Standrohr verbogen war. Nun machte mir allerdings das Wetter einen Strich durch die Rechnung und ich musste alle Teile in Kisten verpacken und über den Winter im Keller einlagern, da mir die räumlichen Möglichkeiten fehlten, um an meinem Projekt weiterzuarbeiten. 

Anfang 1999 kamen alle Rahmenteile, Schutzbleche und auch Anbauteile zum Sandstrahlen nach Alling. Da das hintere Schutzblech schon sehr unter dem Rost gelitten hatte und ziemlich dünn war, wurde es beim Sandstrahlen an einigen Stellen komplett "durchschossen". Nun war es an der Zeit, sich um ein neues Standrohr zu kümmern. Die mir bekannten Händler hatten keines und auch die Ersatzteilmärkte waren für eine  Hercules diesen Typs alles andere als gut bestückt. So überlegte ich mir, ein Standrohr anfertigen zu lassen. Ich fand eine kleine Firma, deren Besitzer früher auch Hercules gefahren ist und mir deshalb das Standrohr für wenig Geld anfertigte. Die noch fehlenden Lenkkopf-Lagerschalen konnte ich noch original auftreiben, da meine nicht mehr zu retten waren. In der langen Zeit des Wartens, machte ich mich bei der Elektrik an die Arbeit. Die Kabelisolierung war schon sehr porös. Bei einer so einfachen Technik sollte man auf jeden Fall einen neuen Kabelbaum anfertigen. Dabei muss unbedingt auf ausreichend Kabeldurchschnitt geachtet werden.

 

(Schaltplan aus der Lampe)

 

Nach zwei Wochen konnte ich mir das neue Standrohr abholen und ich begann den Rahmen aufzubauen. Da mir immer noch viele Teile fehlten, entschloss ich mich noch eine weitere Hercules 313 als Teileträger zu kaufen. Ich entdeckte im Internet eine komplette Maschine und eine Maschine zerlegt in Teilen aus einer Sammlung, die ich dann eigens in Speyer abholte. 

 

                   

(komplette Hercules 313 Bj ´52 und eine Hercules 313 Bj´53 in Teilen aus Speyer geholt) 

 

Zu den Motorrädern bekam ich einen weiteren komplett überholten 150ccm Sachs Motor und ein original Handbuch mit Prospekt. Da ich jetzt auf ein grosses Ersatzteillager zurückgreifen konnte machte ich mich sofort an den Aufbau. Als nächster Schritt wurden die Felgen poliert und neu eingespeicht. 

 

                    
(Radnaben und Felgen wurden poliert)    

 

Die Naben wurden neu gelagert, die Bremsen neu belegt und die Trommeln ausgeschliffen. In der Zwischenzeit wurden die Schutzbleche, der Tank und ein paar Kleinteile in Kroatien lackiert und zum Teil ausgebessert. Der Lackierer wurde mir von einem Freund ans Herz gelegt, welcher die Teile auch mit nach Kroatien nahm und 4 Wochen später wieder in einem top Zustand brachte. Der Aufbau des alten Hinterradschutzbleches hat dabei die meiste Zeit an Anspruch genommen. Bis zu diesem Zeitpunkt lief die Restauration ziemlich schleppend, aber nachdem die ersten Rahmenteile zusammengebaut waren, ging alles wie von selbst. Ich hatte das Bild der fertigen Hercules 313 immer vor Augen und in 2 Wochen Urlaub konnte man einiges schaffen.

 

                    

 

Der Rahmen war schnell zusammen gebaut und der angefertigte Kabelbaum war zügig verlegt. Da alle Teile bereits vorbereitet und poliert waren, machte der Zusammenbau richtig Spass. Fast alle Schrauben wurden dabei durch V2A-Schrauben ersetzt. Die Arbeit erleichterte sich sehr, da ich das Motorrad  während der gesamten Restaurationsphase unter einer Garagendecke befestigt hatte, was mir einen  mühelosen Zugang an alle Stellen ermöglichte. Nachdem die Federelemente eingebaut und die Reifen montiert waren, stand die 313 nach Jahren wieder auf eigenen Beinen und nahm schon langsam wieder die Form eines Motorrades an. Der Motor wurde mit 4 Schrauben im Rahmen befestigt und über den 3-poligen Stecker mit dem Kabelbaum verbunden. 

 

                     

(Jürgen und ich beim Einbau von Motor und Auspuff)

 

Die beiden Sitze wurde neu bezogen, wobei meine Finger ein wenig gelitten haben,  die Werkzeugbox wurde wieder aufpoliert, alle Bautenzüge eingezogen, die Kette aufgelegt und die Elektrik noch einmal überprüft. Dabei musste ich feststellen, dass die Hupe nicht funktionierte. Der Fehler war schnell gefunden, er wurde durch ein Kontaktproblem im Zündschloss verursacht. Am Ende eines langen Tages, wurde die Hercules 313 mit allen Betriebsmitteln befüllt und sämtliche beweglichen Teile mit einer Fettpresse abgeschmiert. Der erste Probelauf rückte immer näher. Nachdem der Zündzeitpunkt ermittelt wurde und der Vergaser eingestellt war, wurde es ernst. Beim zweiten Ankicken sprang der Motor sofort an und lief rund. Noch ein wenig an der Leerlaufschraube gedreht und sie war fertig für die erste Probefahrt.

Bremsen war am Anfang noch ein Erlebnis aber nach ein paar Kilometern waren die Beläge eingebremst und lieferten ein zufriedenstellendes Ergebnis. 

 

(verladen für den Transport zum TÜV)

Am Mittwoch, den 26.6.04 um  9.15 Uhr fuhr ich die Hercules 313 beim TÜV Süd in Garching vor. Zuerst beurteilte der Prüfer den allgemeinen Zustand der Maschine und verglich alle Angaben im Fahrzeugbrief mit den verbauten Teilen am Fahrzeug. Ein paar Minuten später gesellte sich ein weiterer Prüfer zu uns und erzählte von seinen Erfahrungen mit einer Hercules 320. Dieser setzte sich auf das Motorrad und machte eine ausgiebige Probefahrt. Nach 10 Minuten kam er mit einem  breiten Grinsen im Gesicht  wieder, und gab der Hercules 313 den „Segen“ vom TÜV. Ich weiss nicht, was er 10 Minuten mit dem Motorrad gemacht hat, aber es scheint Spass gemacht zu haben.

                   
(313 vor dem TÜV in Garching bei München)

Seit diesem Zeitpunkt hat die 313 schon 700 km auf dem Buckel und hat mich auch bei einigen Oldtimerausfahrten im Münchner Raum noch nie im Stich gelassen.


(die erste Ausfahrt)

Über den Winter werde ich den Tank und die Schutzbleche linieren lassen und weiter nach einem Eber Rücklicht suchen.

Gruss und allzeit gute Fahrt

Carsten Schulze